Das Element Thallium (Tl) wurde im Jahre 1861 von dem englischen Physiker und Chemiker Sir William Crookes (1832-1919) in London entdeckt. Bereits 1962 konnte der Franzose Claude Auguste Lamy einen kleinen Barren des reinen Metalls herstellen und vorzeigen. Thallium ähnelt Blei in seinen Eigenschaften, kommt jedoch in der Natur in reiner Form nicht vor. Wichtige Vorkommen an thalliumhaltigen Erzen liegen in Wyoming/USA, in Schweden und in Russland.
Thallium und seine Verbindungen sind hochgiftig. Wenige Milligramm einer Thallium Verbindung führen zu schweren Vergiftungen, die bei Mensch wie auch Tier Übelkeit, Brechreiz, Bauchkrämpfen, Durchfall, Nierenschäden und Haarausfall auslösen können. Die langfristige Einnahme geringer Konzentrationen verursacht chronische Vergiftungen. Das sehr giftige und umweltgefährliche Thallium(I)-sulfat (Tl2SO4) wurde früher als Rattengift eingesetzt.
Thallium wird über die Haut, über den Respirationstrakt und besonders über den Verdauungstrakt gut resorbiert, da das einwertige Thallium-Ion dem Kalium-Ion sehr ähnlich ist und dessen Transportmechanismen benutzen kann. Thallium reichert sich vor allem in der Leber, in den Tubulusepithelien der Nieren, im Knochen und in der Schleimhaut, Haut und Hautanhangsgebilden an.
Thallium unterliegt einem enterohepatischen Kreislauf. Hierbei gelangt resorbiertes Thallium über Leber und Galle zurück in den Darm. Dort kommt es zur teilweisen Rückresorption durch die Darmschleimhaut und dadurch zu einer erneuten Vergiftung. Die Ausscheidung erfolgt über die Nieren und den Darm. Die Eliminationshalbwertszeit beträgt 5,5 bis 7,3 Stunden.
Toxizität:
Auf Grund seines Kalium-ähnlichen Verhaltens hat Thallium eine starke Affinität zur Na-K-ATPase. Dadurch wirkt es stark kardio- und neurotoxisch. Thallium schädigt Zellen und Zellorganellen, von den Geweben insbesondere Haut, Nieren, Leber, Herzmuskel, Zentralnervensystem und Haarfollikel. Die auftretenden Stoffwechselstörungen beruhen auf Interaktionen des Elements mit essentiellen Spurenelementen, die als Enzymaktivatoren und Cofaktoren katalytische Funktionen haben. Thallium hemmt diese Enzyme und greift somit in Stoffwechselgeschehen ein.
Diese äußert sich in starkem Haarausfall. Leitsymptom ist die Hypersensibilität an den Beinen. Nageldystrophien treten auf, sowie Hautveränderungen, kardiovaskuläre Störungen, Nierenschäden, Polyneuritis, Muskellähmungen und Tachykardie bis hin zum kardiogenen Schock.
Leichtere Intoxikationen mit subletalen Dosen beginnen schleichend mit erster Symptomatik wie Obstipation, Oberbauch- und Rückenschmerzen nach 1-2 Wochen. Ein diffuser Haarausfall führt meist zur Diagnose.
Pathophysiologie und Nachweis:
Thallium wird rasch und nahezu vollständig über den gastrointestinalen Trakt, die Mundschleimhaut und die Haut resorbiert. Bereits nach 2 h ist die maximale Blutkonzentration erreicht und das Element ist im Urin nachweisbar. Die Speicherung erfolgt intrazellulär, bevorzugt in den Mitochondrien. Hauptspeicherorte sind Niere, Kolon, Muskel, Myokard, Leber, endokrine Drüsen und das Zentralnervensystem sowie Haare und Nägel. Ausgeschieden wird Thallium renal und intestinal, Geringe Mengen werden über Schweiß und Tränen eliminiert. Die biologische Halbwertzeit beträgt beim Menschen etwa 30 Tage. Bei Tieren 14 Tage oder länger.
Thallium ist ein kumulatives Zellgift, das systemische Intoxikationen bewirken kann. Akute Vergiftungen sind heute selten. Der Nachweis erfolgt bei akuten und chronischen Vergiftungen/Expositionen durch Analysen in Blut, Urin, Faeces, Haaren und Nägeln, Krallen oder Hufen. Die Einnahme von wasserlöslichen Thalliumsalzen resultiert in einer schnellen Eliminierung, so dass im Blut häufig normale Werte gemessen werden trotz einer nur wenigen Tage zurückliegenden Vergiftung. Thallium kann auch in der Milch laktierender Tiere nachgewiesen werden.
Teilweiser Auszug aus
Blaurock-Busch E.: Chronische Metallbelastungen - Toxikologie, Diagnose und Therapie